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Sabine HunekohlSabine nimmt das Beil und schlägt zu. Immer wieder. Der Boden ist mit Gipsstücken übersät. Wenn sie die Form für ein Korsett modelliert, muss sie zuerst grob sein und dann sanft. Vom anfangs unberührten Gips-Torso trägt sie so lange Material ab und an anderer Stelle wieder auf, bis eine Kontur entsteht, die der Wirbelsäulenverkrümmung des Skoliose-Patienten entgegenwirkt. Dabei orientiert sie sich an Röntgenbildern und Aufzeichnungen, die Ärzte und Kollegen zuvor angefertigt haben. Anhand des Gipsmodells wird schließlich das Kunststoff-Korsett hergestellt, das die Skoliose korrigiert.

»Das Gipsmodell spricht mit mir«, sagt Sabine und meint damit ihre auf Erfahrung beruhende Intuition, die ihr hilft, eine therapeutisch wirksame Form zu erschaffen, ohne die Körper der Skoliose-Patienten »in echt« vor sich zu sehen. Seit 15 Jahren ist sie auf diese Arbeit spezialisiert. Deshalb nennen wir sie hier im Haus liebevoll die »Gipsraumbewohnerin«. Als Tochter unserer Firmen-Gründer Christa und Harald Püttmann ist Sabine gleich nach dem Abitur bei ihrem Vater in die Lehre gegangen, hat sich zur Orthopädiemechanikerin und Bandagistin ausbilden lassen. Damals, zu Beginn der 1980er-Jahre, war sie noch die einzige Frau neben acht Männern in unserer orthopädietechnischen Werkstatt. Davon hat sie sich aber nicht beeindrucken lassen: Gemeinsam mit ihrem Bruder Burkhard hat sie die Entwicklung von Korsett-Versorgungen im Sanitätshaus Püttmann vorangetrieben. Dafür ist sie zum Beispiel zu einem Seminar des damaligen »Korsett-Papstes« Jacques Chêneau gefahren und hat ihre Fähigkeiten im Modellieren immer weiter verbessert.

Das schöpferische Talent, das sie für ihre Arbeit im Gipsraum braucht, nutzt Sabine auch in ihrer Freizeit. Sie arbeitet gerne kreativ mit Holz und anderen Werkstoffen und lehrt Ikebana, die japanische Kunst des Blumen-Arrangierens. Außerdem gestaltet sie Blumenschmuck für Kirchen. Sabine, die gerne und viel lacht, hat schon zweimal Indien bereist und pflegt den Kontakt zu einem indischen Patenkind. Das Land und die Mentalität der Inder hat sie sehr beeindruckt. »Auf jeden Fall«, sagt sie, »werde ich bald noch einmal dorthin reisen.«